MausundBussard
... Geschichten aus dem Garten


Wie der Bussard zur Maus kam...

» Aa a a a a a a a a a hhhhhhhhh .....«     Fffffffffruschsch.
Stille.
Ruhe.
Nichts.

Ein paar Kohlmeisen zwitscherten. Auch ein paar Spatzen fragten mutig »Habt ihr das gesehen?« Die Maus saß in ihrer Wohnung unter dem großen Buchsbaum und lauschte und lauschte...Gerade war noch alles in bester Ordnung gewesen. Oben zwitscherten die großen und kleinen Vögel um die Wette. Sie war hier unten mit ihrer Lieblingstätigkeit beschäftigt: Putzen. »Die Leute sagen immer, wir Mäuse hausen unter der Erde in Staub und Dreck, dabei sind wir ständig mit Putzen beschäftigt. Wir putzen unser Fell und unsere Wohnungen natürlich auch.


»Aaauuuua... « jammerte der Bussard leise... » So ein Mist... Aauuuuuaaa...« »Wie doof kann man sein....?« fragte er sich.

Noch immer hatte er nicht begriffen, was eigentlich genau passiert war. Er wollte den »coolen Stop« probieren. Aus großer Höhe fallen lassen, die Flügel eng an den Körper angelegt und dann – kurz vor dem Boden –Wosch!« – die Flügel ausbreiten, gegen den Wind stellen und – Zack – stehen.
Das wär’s gewesen. Dann war da aber etwas gewesen. Etwas Schwarzes war plötzlich aus der Erde gekommen und hatte etwas gerufen. Aber was? Er hatte nur einen Moment nicht nach vorne gekuckt. Und als er dann wieder nach vorne kuckte... Das war aber jetzt auch irgendwieauch egal.

Er war jetzt hier. In der Hecke. Und steckte fest. Seine Flügel steckten so unglücklich in den Ästen der gepfegten Ligusterhecke, dass er nicht selber herauskam. »Haallo...« rief er. »Is’ da keiner?« rief er nun schon etwas lauter. Die Maus steckte vorsichtig die Nase aus einem ihrer Nestausgänge.
»Ein Mäusebussard... In meinem Garten... « dachte sie ängstlich.

»Da is’ doch wer, das hör’ ich doch«, jammerte der Bussard. »Das klingt nach einer kleinen, pummeligen Maus....« Die Maus flüchtete blitzschnell in ihre Höhle. »Pummelige Maus.... pffff«, schimpfte sie. Das ist doch wohl die Höhe, da hört sichdoch alles auf, der soll erstmal fliegen lernen, dieser, dieser...« Sie schimpfte noch eine ganze Weile. Sie wartete darauf, dass sich die Sache von selber erledigte. Dass schon irgendjemand kommen würde, um diesen Greifvogel aus ihrer Hecke zu befreien.

Doch niemand kam. Nach einer ganzen Weile, sie wusste nicht wieso, fing der jammernde Bussard an, ihr leid zu tun.
»Aber Bussarde fressen Mäuse«, sagte sie sich. »Wenn ich zu ihm hingehe, macht er schnapp und ich bin weg,« überlegte sie.


Sie merkte, dass es dem jungen Greifvogel schwerfiel, laut zu sprechen. Sie kam näher. Fangen konnte er sie ja schließlich nicht, so fest wie er steckte.

»Und wenn ich dir helfe, frisst du mich auf und du lachst darüber, wie doof ich bin«, rief sie ihm so laut es ging zu. (Wenn eine Maus laut ruft, ist das natürlich nicht besonders laut) Der Bussard konnte sie gerade eben noch verstehen.
»Bä, Mäuse. Igitt. Die schmecken doch muffig«, sagte er mit Abscheu.
»Muffig???«, rief die Maus. Nicht, dass sie gerne gefressen werden wollte, aber muffig schmecken..., so eine Frechheit.
»Doch,« sagte der Bussard genervt – schließlich hätte die Maus ihn doch schon längst befreien können.
»Mäuse schmecken muffig. Den ganzen Tag wuseln sie in ihren Gängenunter der Erde herum und werden staubig und... eben muffig.«

»....«

Der Maus fehlten die Worte. »So eine Frechheit. Steckt der hier in ihrem Garten fest und beleidigt auch noch alle Mäuse«, dachte sie. Nach einer Weile bat der Bussard, »kannst du mich vielleicht bitte befreien, ich tu dir auch nichts.«

»Pfff – muffig«, schimpfte die Maus.

»Mann, du bist aber nachtragend. Sei doch froh, dass ich keine Mäuse fresse, es besteht überhaupt keine Gefahr für dich...«, versuchte der Bussard die kleine Maus zu besänftigen.

»Was frisst du denn dann, Gemüse?» wollte die Maus wissen.

»Igitt nä, Würmer und Schnecken, am liebsten Nacktschnecken nach einem langen Regen«, schwärmte der Vogel der Maus vor.

»Aber Würmer leben doch auch unter der Erde«, hakte sie misstrauisch nach.

»Aber die haben kein Fell in dem sich der Staub und Dreck fängt und außerdem haben sie keine Knochen und sie sind mit einem einzigen Haps verspeist...– lecker«, verriet ihr der Bussard seine Vorliebe.

»Würdest du mich jetzt bitte, bitte (Bussarde sagen selten »Bitte«, woraus man sehen kann, dass er schon wirklich sehr litt) hier aus der Hecke befreien?«

»...« Die Maus überlegte noch.

Na...gut , sagte sie zögernd. Wenn du anfängst zu zappeln, bin ich sofort weg... drohte sie.

»Ich will hier raus aus der Hecke, was hab ́ ich davon, wenn ich dir was tu. Ich bleib’ ganz ruhig« versprach der Bussard.

Langsam, immer mit dem Blick auf den, aus ihrer Sicht riesigen Vogel, kletterte sie die Hecke hoch. Sie arbeitete zügig, der Bussard rührte nicht die kleinste Feder. Sie schaute ihm tief in die großen Augen, als sie um ihn herumklettern musste. Er sah eigentlich ganz nett aus. Als die Maus schließlich fertig war, huschte sie in Sicherheit unter den Buchsbaum.

»Fertig«, rief sie so laut es ging.

»Was?«, fragte der Bussard.

Die Maus kam näher. Näher. Und noch näher.

»Fertig«, rief sie so laut es ging.

»Sag das doch gleich,« maulte der Bussard. Er krabbelte mühsam aus der Hecke und stand schließlich neben der Maus. Er reckte die schmerzenden Flügel, wackelte mit demSchwanz, dehnte die Beine und reckte die Krallen. Er schaute der Maus von oben herab in die Augen. »Keine Angst, ich tu dir wirklich nichts», versuchte die winzige Maus zuberuhigen. »Du bist aber groß», staunte sie und vergaß ganz sich in Sicherheit zu bringen.

»Danke. Das war ganz schön mutig von dir. Ich könnte dich ja jetzt einfach so schnappen und .... naja Hunger hätte ich jetzt wohl schon.«, grinste sie der Bussard an.

»Wie?«, stammelte die Maus.«

»War Spaß. Na, Kleine, willst du jetzt deinen Freiflug auf meinem Rücken machen?« bot ihr der Bussard an.

»Nee, du. Ich.. muss noch... zuende ... putzen, »stotterte sie. »Wie wär’s mit morgen?« hörte sie sich sagen.

»Putzen?«, dem Bussard blieb der Schnabel offen stehen. »Klar, putzen... – ok, dann...komm’ ich morgen«, verabschiedete sich der Bussard und flog langsam aber noch rechtwackelig davon.